Martin's Bastelstube: Nachbrenner
Kurze Einführung:
Der Nachbrenner ist eine Art Stromverstärker für die Motorausgänge
eurer Roboter-Boards.
Diese Bastelei ist so umfangreich in der Beschreibung, dass ich hier eine eigene
Seite meiner Bastelstube dafür angefangen habe.
Trotzdem soll die Diskussion über den Nachbrenner und seine Weiterentwicklung
nicht dadurch behindert werden. Schreibt mir, was euch an Anregungen und Kritik
zum Nachbrenner einfällt -- ich werde versuchen, darauf so gut es geht einzugehen.
Vorgeschichte:
Schon bei verschiedenen Gelegenheiten (unter anderem bei der RoboCup-WM 2006 in Bremen) ist
mir aufgefallen, dass viele Robotik-Baukästen an ihren Motorausgängen nur sehr
eingeschränkte Ströme liefern können, aber in der Praxis viel stärker
belastet werden.
Das führt zu Problemen, weil durch die höheren Motorströme die Motortreiber
im Roboter-Controllerboard sehr heiß werden. Im Extremfall wird bei starker Belastung
des Motors das Roboter-Controllerboard zerstört – einige von euch haben das schon
leidvoll erfahren müssen.
Rechts seht ihr ein Beispiel eines Motortreibers
L293D,
der sich wegen Überlastung in einem Dampfwölkchen aufgelöst hat. Beim
RoboCupJunior-Qualifikationsturnier 2015 in Vöhringen hat ein Team drei
solcher Chips an einem Tag zerlegt. Das ist wirklich ein deutliches Zeichen, dass die
Motortreiber absolut ungeeignet für ihre Belastung sind.
Beispiel: Bobby-Board und ältere Versionen des Gold-Boards verwenden ebenfalls den oben
genannten L293D – der ist für Motorströme bis 600 mA vorgesehen. Über den
RCX gibt es verschiedene Angaben (zwischen 500 und 700 mA). Viele Motoren ziehen aber
Ströme um 1,5 bis 2 Ampère oder sogar mehr unter Belastung
(z.B. wenn der Roboter gegen die Wand fährt und die Räder still stehen).
Ein erster Weg zur Schadensbegrenzung ist, die Motortreiber auf dem Roboter-Controllerboard mit aufgeklebten
Kühlkörpern
zu versehen (zumindest beim Bobby-Board und Gold-Board geht das), damit sie die zusätzliche Hitze
"ausschwitzen" können. Das hilft aber nicht besonders,
wenn die erlaubten Ausgangsströme deutlich überschritten werden.
Also müssen wir einen völlig anderen Weg gehen und uns einen eigenen,
unabhängigen Motortreiber bauen, der als "Nachbrenner" an einem gewöhnlichen
Roboter-Motorausgang angeschlossen wird.
Einsatzmöglichkeiten:
Der Nachbrenner funktioniert mit allen Robotik-Plattformen, die Motorausgänge
für Gleichstrommotoren haben.
Der Betrieb der Motoren mit Teilgeschwindigkeit (mit Pulsweitenmodulation = PWM)
funktioniert auch durch den Nachbrenner hindurch.
Einschränkungen:
Die Motoren werden im ausgeschalteten Zustand nicht kurzgeschlossen (was sie abbremsen
würde), sondern hochohmig geschaltet. Damit können sie sich frei bewegen
(beim RCX nennt man diesen Zustand FLOAT).
Das ist keine Absicht, sondern ergibt sich aus dem Wirkungsprinzip (s.u.).
Einige von euch brauchen aber gebremste Motoren, deshalb habe ich mir ein paar
Gedanken zum Bremsen gemacht. Das ist aber ein eigenes umfangreiches Thema für
sich. Damit es auf dieser Seite nicht zu voll und unübersichtlich wird, habe
ich eine getrennte Nachbremser-Seite geschrieben.
Wirkungsprinzip:
Die normalen Motorausgänge des Robot-Controllers werden auf einen Optokoppler
geleitet, der Controller muss also nur Leuchtdioden antreiben.
Die Foto-Transistoren im Optokoppler steuern Leistungstransistoren an, die den
wirklichen Motorstrom schalten.
Die Motoren können also eine eigene, vom Controller unabhängige Stromversorgung
bekommen! Das ist ein großer Vorteil, wenn man mehr Kraft auf den Motoren braucht.
Die Leistungstransistoren sind als sogenannte H-Brücke verschaltet. Damit können
sie einen Gleichstrommotor in beiden Richtungen an der vollen Akkuspannung betreiben.
Wer mehr über die H-Brücke (auch als "Vierquadrantensteller" bekannt) wissen will:
Hier klicken!
Strombedarf:
Zuerst einmal müsst ihr herausfinden, wieviel Strom euer Antriebsmotor überhaupt
frisst. Dazu verbindet ihr den Motor direkt mit dem Akku – ohne Umweg über
das Controllerboard oder den Nachbrenner.
- Möglichkeit 1: Wer die passenden Teile in der Schublade liegen hat, lötet
sich mal eben ein Adapterkabel vom Akku zum Motor mit Abzweig für das Ampèremeter.
Oder man steckt sich die nötigen Verbindungen aus Laborleitungen zusammen.
Der ganze Aufbau sieht dann etwa so aus.
- Möglichkeit 2: Man nimmt die Anschlusskabel, die man ohnehin für die
Verbindung vom Akku und vom Motor zum Nachbrenner braucht. Dazu baut man sich ein
Zwischenstück, das den Nachbrenner
ersetzt und einen Anschluss für das Ampèremeter bietet.
Der ganze Aufbau sieht dann etwa so aus.
Der Messbereich eures Ampèremeters sollte schon bis 20 Ampère gehen, damit wir
bei der Messung nicht das Messgerät zerschießen.
Nach dem Anschluss des Akkus sollte der Motor sofort loslaufen. Jetzt bremsen wir das Rad mit
der Hand vorsichtig ab (nicht ganz bis zum Stillstand) und sehen nach, wie der Strom ansteigt.
Dieser Messwert (Motorstrom unter Belastung) ist das Maß aller Dinge für den Betrieb
unseres Nachbrenners.
Bauformen:
Bis jetzt habe ich sechs Versionen des Nachbrenners entworfen,
die sich in der Art der Leistungstreiber-Bausteine unterscheiden:
Version |
Technologie |
Treiber-Baustein |
Strom- Belastbarkeit |
Link zur Beschreibung |
1 |
Bipolare Transistoren |
TIP122 TIP127 |
|
5 A |
Version 1 |
2 |
Feldeffekt- Transistoren (MOSFET) |
IRF530 IRF9530 |
|
12 A |
Version 2 |
3 |
Integrierte zweifache H-Brücke |
L298 |
|
2 A |
Version 3 |
4 |
Optokoppler mit eingebautem Leistungs-MOSFET |
PS710A |
|
3.6 A |
Version 4 |
PS710B |
5 A |
5 |
SMD MOSFET- Halbbrücken |
IRF7389 |
|
5 A |
Version 5 |
6 |
Integrierte zweifache H-Brücke |
L6205 |
|
2.8 A |
Version 6 |
Belastbarkeit:
Die Treiber-Bausteine können laut Datenblatt einige Ampère Strom schalten (s.o.)
– aber im wirklichen Leben kommen noch andere begrenzende Faktoren hinzu.
- Akku: Je nach eingesetztem Akku-Typ könnt ihr nur einen begrenzten
Strom aus eurer Energiequelle ziehen. Dazu kann ich nicht viel sagen – schaut
dort nach, wo ihr den Akku gekauft habt.
- Motor: Es kann sein, dass der Motor bei zu hoher Belastung einen höheren
Strom zieht als er eigentlich vertragen kann. Dabei kann er überhitzen und sich
selbst zerstören. Ihr müsst mit der Konstruktion eures Roboters (und mit eurer
Software) selbst dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert.
Einige von euch erinnern sich vielleicht noch an ein RoCCI-Team, das im
Wettbewerb immer mit Kältespray die Motoren gekühlt hat.
Wir wollen hier ja keine Namen nennen ...
- Anschlusskabel: Die Querschnittsfläche eurer Anschlusskabel muss für
euren Motorstrom geeignet sein (Richtwert: 1 - 1.5 mm²).
Genauso die Stecker, die ihr an diesen Kabeln verwendet.
- Platine: Die Leiterbahnen haben auch nur eine begrenzte Strombelastbarkeit.
Ich habe in den Nachbrenner-Versionen 1 & 2 die Leiterbahnen 2.54 mm breit
gemacht, damit vertragen sie bei einer Kupferschichtdicke von 35 μm
maximal 5 Ampère.
Die Platinen für Version 2k und 3 haben weniger Platz -- dort konnte ich die
Leiterbahnen zum Teil nur 1.8 mm breit machen (entspricht ca. 3.5 Ampère).
Wenn ihr eigene Nachbrenner-Platinen in Auftrag gebt, bitte versucht die
Kupferschichtdicke in 70 μm zu bekommen. Damit vertragen die Leiterbahnen
den doppelten Strom.
- Spannung: Alle Nachbrenner funktionieren nur bis zu einer Akkuspannung
von 30 Volt – darüber werden alle
Optokoppler gleichzeitig leitend und die Leistungstransistoren machen einen
Kurzschluss über die Betriebsspannung.
Damit könnt ihr euren Nachbrenner in kürzester Zeit zerstören!
Kosten:
Die reinen Materialkosten der Elektronik-Bauteile auf einem Nachbrenner-Board belaufen
sich auf etwa 5 - 6 Euro für die Versionen 1 & 2 und weniger als 10 Euro für
Verson 3 (siehe Stücklisten weiter unten).
Wenn man den Nachbrenner auf einer Leiterkarte aufbauen will, kommen noch Kosten für
das Ätzen oder für einen professionellen Leiterplatten-Fertigungsdienst hinzu.
Profis verlangen etwa 30 Euro für Einzelstücke bis zu wenigen Euro pro Stück
für eine Sammelbestellung. Selbst geätzte Platinen sind deutlich günstiger,
aber man muss sich dazu erst ein Entwicklungs- und ein Ätzbad mit ziemlich
gefährlichen Flüssigkeiten aufstellen.
Platinen:
Ich habe die Leiterplatten der Versionen 1, 2 uns 2x so entworfen, dass sie auch auf einer
einseitig kaschierten (= mit Kupfer beschichteten) Platine mit Lötbrücken aufgebaut
werden können. Die Versionen 2k, 2r, 3, 5 und 6 sind so aufwändig in der Verdrahtung,
dass man unbedingt eine doppelseitige Platine nehmen muss.
Wenn möglich sollte man die Kupferschicht 70 μm dick wählen (Standard = 35 μm).
Damit können die Leiterbahnen höhere Ströme verkraften
(siehe oben –> "Belastbarkeit").
Für die Anschlüsse zum Akku und zum Motor und für die Sicherung habe ich mehrere
Lötaugen vorgesehen, damit man unterschiedliche Bauteile (je nach Verfügbarkeit)
einsetzen kann (Ausnahme: Version 2k -- hier musste ich Platz sparen und mich auf eine
bestimmte Bauform festlegen).
Bilder:
Wie sieht denn so eine Nachbrenner-Schaltung überhaupt aus?
Hier ist mein erster Prototyp (Aufbau auf Lochrasterplatine):
So sieht Version 1 (mit Bipolar-Transistoren) aus:
So sieht Version 2 (mit MOSFET-Transistoren) aus:
So sieht Version 2k (= 2 kompakt = doppelte Version 2) aus:
- Schaltung
- Leiterplatten-Layout
- Ätzmaske (Lötseite)
- Ätzmaske (Bestückungsseite)
- Erster Prototyp vollständig bestückt
- Stückliste
- Bauanleitung für das Kühlblech: PDF
Variante 1: Wenn man Version 2k nur zu einem Viertel bestückt, bekommt man einen
Leistungsschalter für 2 Verbraucher, die allerdings nur abwechselnd geschaltet
und nicht umgepolt werden können. Das reicht aber, um zum Beispiel den Dribbler
und den Schussmechanismus mit einem einzigen Motorausgang anzusteuern:
Variante 2: Wenn man Version 2k nur zu einem Viertel bestückt aber diesmal beide
Eingänge benutzt, bekommt man einen Leistungsschalter für 2 Verbraucher, die
von 2 digitalen Ausgängen des Roboter-Controllers gesteuert werden können.
Die Controller-Ausgänge müssen stark genug sein, um die LEDs in den Optokopplern
zu treiben (ca. 20 mA) – das schaffen zum Beispiel die geschalteten Versorgungspins
an den Sensorsteckern des Bobby-Boards.
Bei diesem Prototyp sind die Transistoren und die Sicherung abgewinkelt eingelötet,
damit man die Platine leichter unter andere Platinen stapeln kann.
Es werden nur einfache Optokoppler PC817 benötigt!
So sieht Version 3 (mit integrierter H-Brücke L298) aus:
So sieht Version 4 (mit Opto-MOSFETs) aus:
So sieht Version 5 (mit SMD-MOSFET-Halbbrücken IRF7389) aus:
Version 5 kommt vorwiegend mit SMD-Bauteilen aus und ist daher extrem flach,
wenn man die PolySwitch-Sicherung F1 um 90° abgewinkelt einlötet.
Wer es noch flacher braucht, sucht sich einreihige abgewinkelte Buchsenleisten
als Ersatz für die Stecker X1 - X4. Bitte achtet darauf, dass die neuen
Stecker auch euren Motorstrom vertragen! Über Stecker X4 geht die Summe
aller drei Motorströme.
So sieht Version 6 (mit integrierter H-Brücke L6205) aus:
Programme:
Mit diesen Programmen kann man ganz allgemein die Motorausgänge von Lego RCX-Bausteinen
und Qfix Bobby-Boards testen. Ich habe mit ihnen die Funktion meines Nachbrenner-Prototypen
getestet.
Aufbau:
Wenn ihr das Ganze bis hierher durchgelesen habt, können wir uns mal langsam mit dem
Aufbau beschäftigen.
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E-mail:
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